Sie heißen Scorpions und Die Toten Hosen, Falco und die EAV oder Yello und Stephan Eicher. Jeder kennt sie, die bekanntesten und alteingesessenen Bands aus der DACH-Region. Jede für sich weit über die eigenen Landesgrenzen hinaus von Bedeutung – bis zum heutigen Tag. Dass es darüber hinaus eine sehr florierende Musikszene mit aufregenden neuen (und nicht mehr ganz so neuen) Bands gibt, hat sich – zumindest bis ganz nach oben in den Mainstream – nicht immer herumgesprochen. Dabei gibt es reichlich Gelegenheit für spannende Entdeckungen. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich und der Schweiz. Wir haben die jüngsten Veröffentlichungen von Roy Bianco, Wanda und Faber zum Anlass genommen, um uns in den jeweiligen Musikszenen ein wenig umzuschauen.
Deutschland: von Casper bis Von Wegen Lisbeth
Ganz Deutschland wird von Schlagerpop, Volksmusik, Heavy Metal und vor allem Rapmusik dominiert. Ganz Deutschland? Tatsächlich gibt es neben dem in jeder Hinsicht begrüßenswerten Boom lokaler Musikproduktion durchaus erfolgreiche Bands, die den Sprung vom Probenkeller in den Mainstream gewagt haben und zum Teil mit Superstar-Ehren belohnt worden sind. Ein nach allen Genregrenzen offener Rapper wie Casper etwa oder eine aufstrebende junge Rapperin wie Nina Chuba, Indierock-Kapellen wie Kraftklub ebenso wie die auf Englisch international erfolgreichen Giant Rooks. Nur eine Stufe darunter tummeln sich dann aber schon Bands, die man früher in kleinen Independent-Kellern verortet hätte, die nun aber längst zu den Größeren gehören. Die unvergleichlich stimmgewaltigen AnnenMayKantereit etwa oder die vier Jungs aus dem oberschwäbischen Vogt, die als Provinz weit über eben jene hinaus bekannt geworden sind. Oder Von Wegen Lisbeth, die zunehmend in einem Atemzug mit alternativen Legenden wie Element of Crime, Tocotronic oder Die Sterne genannt werden. Sie alle sind schon dort, wo die junge Münchnerin Malva noch hinwill. Als eine Art deutsche Lana Del Rey wird sie ihren Weg machen, da sind wir uns sicher.
Österreich: von Bilderbuch bis Wanda
Klein, aber oho! Das trifft auf Österreich nicht nur als Ski-Nation zu, sondern seit geraumer Zeit auch in Sachen florierender und unglaublich dichter Musikszene. Und wir reden hier nicht von Liedermacherlegenden der Marke Ambros und Danzig, von 1980er-Jahre-Ikonen wie Opus oder Falco und nicht mal mehr nur von den „Amore“-Rockern von Wanda, die seit rund zehn Jahren auch in Deutschland für Furore sorgen. Längst hat Österreich selbst Deutschland in Sachen spannender Bandnachwuchs überholt. Ob mit Bilderbuch, die etwa zur gleichen Zeit wie Wanda Austropop um ungeahnte und bislang sieben Alben umfassende Dimensionen erweiterten, mit Ja, Panik, die mittlerweile von Berlin aus in schöner Regelmäßigkeit aufrührerische Kandidaten für das jeweilige Album des Jahres produzierten, oder mit Bands wie Seiler und Speer, deren „Ham kummst“ den meisten sicher immer noch in den Ohren klingt.Darüber hinaus hat sich Anja Plaschg mit Soap&Skin längst als so etwas wie die österreichische Agnes Obel oder Björk etabliert, Oskar Haag als Songwriter-Sensibelchen für Furore gesorgt und mit Voodoo Jürgens oder Der Nino aus Wien ist auch das klassische Wiener Liedermachertum wieder auf dem Vormarsch. Jüngster Hype: die aufsehenerregende Wiederauferstehung von Falco im jungen Wiener Rapper Bibiza, dessen „Wiener Schickeria“ zu den spannendsten Entdeckungen des letzten Jahres zählen dürfte.
Schweiz: von Bonaparte bis Yello
In der Schweiz – wir geben es zu – fällt es uns ein bisschen schwerer, zum ganz großen musikalischen Rundumschlag anzusetzen. Hier denkt wahrscheinlich jeder zunächst an die Elektronikpioniere von Yello und in einem zweiten Schritt vielleicht noch an DJ Bobo für die Eurotrash- und Beatrice Egli für die Schlagerpop-Fraktion. Aber darüber hinaus?Nun: Mit Sens Unik habe die Schweizer eine einst durchaus auch hierzulande populäre Hip-Hop-Truppe ins Rennen geschickt, Stephan Eicher – Anfang der 1980er-Jahre noch mit Grauzone populär – begeistert bis heute als Singer-Songwriter, und Bonaparte hat sich vor allem in Deutschland einen ausgezeichneten Ruf als vielschichtiges Indiechamäleon erarbeitet. Kein Vorbeikommen ist zudem an der vielseitigen Jazz- und Indiemusikerin Sophie Hunger sowie an der aufregenden Urgewalt von Faber, der hierzulande regelmäßig in ausverkauften Hallen spielt. Er hat das Talent von Papa Pippo (Pollina) geerbt, der übrigens auch noch eine etwas jüngere Tochter hat. Die als Madlaina ebenfalls erfolgreich ist: als ein Teil des Duos Steiner & Madlaina nämlich.