Nicht nur die Fußballeuropameisterschaft ist im Juni bei uns zu Gast, sondern auch (zumindest in manchen Albumveröffentlichungen) die halbe Popwelt: von A wie Albanien (woher Dua Lipa ja ursprünglich stammt) und Austria (Wanda) über D wie Deutschland bis hin nach Schweden. Und weil wir es nicht ganz so eng sehen wie die UEFA, haben sich auch Bon Jovi für ein paar legendäre Fanfeste in unseren Grillanlagen qualifiziert. Man kann schließlich nicht nur von Fußball, Würstchen und Sonne allein leben. Für das Turnier halten wir es trotzdem mit Marianne Rosenberg, die einen „Bunten Planeten“ besingt. Und mit Dua Lipa. Weil „Radical Optimism“ der perfekte Titel für unsere Hoffnungen in den kommenden Wochen ist.
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• Dua Lipa
• Wanda
• Bon Jovi
• Bernhard Brink
• Marianne Rosenberg
• Lindsey Stirling
• Royal Republic
Radical Optimism
Was die junge Britin albanischer Herkunft anfasst, das wird mindestens zu Gold und meistens zu Platin. Seit der Veröffentlichung ihres Debütalbums 2017, spätestens aber mit dessen Nachfolger „Future Nostalgia“ hat die mode- und stilbewusste Schönheit die Nachfolge von Lady Gaga, Kylie Minogue und Madonna in Personalunion angetreten – als selbstbewusste Dancepop-Ikone, deren Videos ebenso schweißtreibend daherkommen wie ihre Hits. „Radical Optimism“ spiegelt die Freude und das Glück, die aus der jüngeren Vergangenheit resultieren, wider. Vor allem aber ist das Album eine Ode an Dua Lipas Wahlheimat London. Mit all ihren musikalischen Verästelungen, dem Britpop, dem Rave und der Kompromisslosigkeit, die die Britenmetropole seit jeher auszeichnen. Auch wenn die Single(s) anderes versprechen: Das hier ist keine Magie („Houdini“) und keine „Training Season“ mehr, das ist die hohe Schule des Pop.
Mit Verlusten kennt sich Marco Michael Wanda aus. Der Frontmann der längst ins österreichische Heldenpantheon aufgenommenen Kult-Indierocker von Wanda hat in den vergangenen Jahren nicht nur seinen Freund und Keyboarder Christian Hummer verloren, sondern unlängst auch seinen Vater. Da darf man sein neues Album schon mal ganz vollmundig und mit einer Träne im Knopfloch „Ende nie“ nennen und rund um die Weihnachtszeit auch noch einen fast schon kitschigen Abschiedsschluchzer namens „Bei niemand anders“ vorausschicken. Aber ein bisschen drüber, das konnten Wanda schon immer besonders gut. Und das beweisen sie auf ihrem sechsten Album nicht nur wie gewohnt bei den rumpelnd lauten Tönen, sondern auch, wenn es – wie etwa in der „Therapie“ – etwas introspektiver wird. Trotzdem: Ein bisschen mehr Mut zur Rotzigkeit aus früheren Tagen und ein bisschen weniger PUR-Haftigkeit stünden ihnen schon gut zu Gesicht.
Dick und fett prangt das „Forever“ auf der Jeansjacke von Jon Bon Jovi. Und es würde uns nicht wundern, wenn der passende Anker zusammen mit einem Herz mit „Mutti“ auf seinen immer noch muskulösen Oberarmen prangt. Bon Jovi sind, 40 Jahre nach ihrer Gründung, natürlich schon ein bisschen zu ihrem eigenen Klischee geworden. Mit dem vermeintlich härteren Rock ihrer Anfangsjahre hat „Forever“ jedenfalls nur noch wenig zu tun. Dafür viel mit den Mainstream-Radioformaten, in deren Nachmittagsrockschiene sich „Legendary“ ebenso konturenlos einfügt wie der Rest des mittlerweile 16. Studioalbums. Das muss übrigens gar nicht negativ aufgefasst werden, wie es hier etwas polemisch klingt. Wer Bon Jovi „Dead Or Alive“ genauso mochte wie in ihren Kuschelrockphasen, der findet hier all das, was er an seiner Band schon immer geliebt hat. Nur eben nicht mehr. Immerhin: Jon selbst hält das Album für sein bestens in den vergangenen 20 Jahren. Selbstbewusst war er ja schon immer …
72 Jahre alt ist Schlagertitan Bernhard Brink eben geworden. Da kann man schon mal vorsichtig in Richtung Ewigkeit denken und mit neuen Songs an der eigenen Unsterblichkeit stricken. Seine Fans hieven Bernhard Brink jedenfalls immer noch in schöner Regelmäßigkeit in die Charts. „Stärker als die Ewigkeit“, das sind bei Brink nicht nur die sieben in Zusammenarbeit mit Henning Verlage entstandenen neuen Songs, sondern auch sieben Neuinterpretationen großer Hits, die ähnlich „unsterblich“ sind wie ihre früheren Interpretinnen und Interpreten. Unter anderem Udo Jürgens’ „Immer wieder geht die Sonne auf“ ist hier zu nennen. Oder Milvas „Hurra wir leben noch“. Zwei Songs, die wie für die Ewigkeit gemacht sind. Und vielleicht noch wie für Bernhard Brink, der mit seiner Stimme sein ganzes Gewicht in die Neuinterpretationen legen darf.
Sie gehört zu uns wie der Schlager zum Samstagabendprogramm: Marianne Rosenberg. Mehr als 50 Jahre ist sie nun bereits im Geschäft, zuletzt sogar erfolgreicher denn je: „Im Namen der Liebe“ erklomm 2020 die Chartspitze, „Diva“ zwei Jahre später immerhin Platz 5. Und Marianne Rosenberg ist auch mutiger denn je. Denn für „Bunter Planet“, das sich der gegenseitigen Öffnung und größerem Miteinander verschrieben hat, wagt sie sich in ungewöhnliche Kooperationen. Etwa mit Leslie Clio, die den Titelsong zum hymnischen Dancepop veredelt. Oder mit Namika, von der das wunderbare „Freiheit“ stammt. Es geht (wie so oft) darum, die Liebe zu spüren, sich selbst zu erleben, das Leben mit offenen Armen zu begrüßen. Schöner, aufregender und auch bunter war das lange nicht zu vernehmen. Popschlager und Marianne Rosenberg – sie gehören einfach zusammen.
Nach mehreren Top-Ten-Albumerfolgen von 2012 bis 2016 ist es jüngst etwas ruhiger geworden um die US-amerikanische „Teufelsgeigerin“. Die durchaus weiter Alben veröffentlicht und fleißig getourt ist – nur halt nicht mehr mit demselben durchschlagenden Erfolg (zumindest in Deutschland) wie noch vor zehn Jahren. An ihrem Spiel und ihrer Vielseitigkeit liegt es jedenfalls nicht. An der Violine kann ihr keine so schnell das Wasser reichen und ihre Cross-over-Produktionen sind spannender als das meiste, was beispielsweise David Garrett zuletzt produziert hat. Auch auf „Duality“, mit dem Stirling ihre zwei Seiten, eben das klassische Wunderkind und das nach allen Seiten hin offene Popwunder, zum Ausdruck bringt. Mit keltischen Klängen genauso wie mit kühnen Popentwürfen, die ihre Vereinigung im virtuosen Geigenspiel der ehemaligen Youtuberin finden. Vielleicht geht es so auch wieder ganz nach oben …
Wohl nirgendwo sind die Schweden von Royal Republic so erfolgreich wie in Deutschland, wo sie es als Support unter anderem von den Donots oder Den Toten Hosen in den Albumcharts recht weit nach oben schafften. Weiter sogar als in den schwedischen Charts, in denen ihre letzten Alben „Weekend Man“ (2016) und „Club Majesty“ (2019) gar nicht mehr zu finden waren. Deshalb freut man sich vor allem in Deutschland ganz besonders über das mittlerweile sechste royale Album „LoveCop“, dessen Titelsong mit Aerobic-Video und Moustache die spaßige Richtung vorgibt, in die sich der Rockentwurf der sympathischen Schwedenhappen mittlerweile entwickelt hat. In Richtung Disco nämlich. Da kennt man sich dank ABBA hervorragend aus bei den Liebespolizisten aus dem Hohen Norden. Auch wenn so kernige Riffs eher selten zu finden waren bei Agnetha, Benny und Co.