Wer hätte das gedacht: Auch Untote segnet irgendwann das Zeitliche. Wobei: So richtig weg sind die Zombies aus dem Universum von Comiczeichner Robert Kirkman ja nicht. Sie dürfen noch durch das ein- oder andere Spin-Off schlurfen, allerdings erst, nachdem mit Staffel 11 ein Großteil der Figuren einen mehr oder weniger würdigen Abschluss finden durfte. Für manche von ihnen wird es weitergehen. Negan und Maggie etwa starten dieser Tage in ihre eigene Spin-Off-Serie. Und ein gewisser Sheriff, der sich eigentlich schon länger aus dem „TWD“-Universum verabschiedet hatte, steht ebenfalls vor seiner seriellen Rückkehr (mit einer gewissen Michonne). Wir stellen fest: „The Walking Dead“ ist auch nach dieser finalen Staffel noch quicklebendig. Nur mit einer etwas anderen Stoßrichtung. In Frieden ruhen kann so ein Zombie schließlich auch noch übermorgen…
Horror beginnt im Kopf. Die besten Genreregisseure wissen das. Und Ari Aster hat das mit zwei meisterhaften filmischen Albträumen, „Hereditary“ und „Midsommar“, bis zur Perfektion durchexorziert. Während hier schon nie ganz klar war, ob die Dämonen nicht doch einfach menschlicher Natur sind, wird er bei „Beau Is Afraid“ deutlicher. Hier findet der Horror im Kopf – auch des Zuschauers – statt, der rund drei Stunden auf eine surreale und extrem verstörende Odyssee mit Hauptfigur Beau gehen darf. Es hilft, dass jener in einer darstellerischen Tour de Force von Ausnahmeschauspieler Joaquin Phoenix gespielt wird, den wir hier quasi von der Wiege weg dabei begleiten, wie er zum Neurosen- und Psychosenbündel wird und auf dem Weg in seine Heimat zwischen Traum und Wirklichkeit kaum mehr unterscheiden kann. Schwer anzuschauen, schon klar. Aber Kino, das man so schnell nicht wieder vergisst…
Die deutschen Verleiher und ihre Wortspiele. Da wird aus „The Full Monty“ „Ganz oder gar nicht“ und aus „How To Please A Woman“ eben „Das reinste Vergnügen“. Schließlich geht es in der australischen Komödie sowohl um den Hausputz als auch um Mr. Proper, der ihn gegen Geld vornimmt – und noch einiges mehr. Die gerade 50 gewordene Gina hat einen der sexy Männer von ihren Freundinnen bekommen, ihn aber statt für das Naheliegende zum Putzen verwendet. Der Beginn einer wunderbaren Geschäftsidee. Fortan agiert sie als Vermittlerin für die gut gebauten Haushaltshilfen, die nicht nur Gina, sondern bald auch ihren Freundinnen bei der Neuentdeckung ihrer Sexualität behilflich sind. „Ganz oder gar nicht“ oder die ähnlich gelagerten „Kalender Girls“ lassen grüßen…
Künstliche Intelligenz und ihre Folgen: Rund zehn Jahre in unserer Zukunft gehören uns täuschend ähnliche Androiden zu unserem Alltag als Diener und Arbeiter, manchmal aber auch in ganz anderer Funktion. Elaine und Charles beispielsweise halten sich für besonders smart, weil sie sich den zeitintensiven Dating-Wahnsinn sparen und einfach ihre robotischen Doppelgänger zum ersten Kennenlernen schicken. Blöd nur, dass ausgerechnet ihre Kopien sich ineinander verlieben und beschließen, die Identität ihrer „echten“ Vorbilder zu stehlen, um selbst ein Leben für sich beginnen zu können. Das zwingt ihre Besitzer, sich ebenfalls zusammenzutun.- Zunächst allerdings weniger in romantischer Absicht, sondern um ihre abtrünnigen „Robots“ wieder einzufangen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden…
Unglaubliche zehn Mal ist Vin Diesel nun schon ins Gaspedal gestiefelt. Und mit jedem Mal legen er und seine Mitstreiter noch eine Schippe drauf. In Teil zehn besteht diese Schippe nicht nur in inhaltlichen Referenzen an den tragisch verstorbenen Paul Walker, sondern gleich zu Beginn auch an einige der stärksten Actionsequenzen der Reihe. Denn Doms Gegner in dieser Runde ist – Schippe Nummer 2 – ein ehemaliger Widersacher, der von Jason Momoa verkörpert wird. Weitere Schippen bestehen in u. a. John Cena und Charlize Theron sowie in noch aberwitzigeren Stunts, die fast schon den Eindruck vermitteln könnten, man wolle sich zum runden Jubiläum mit einem echten Knall endgültig verabschieden. Aber Pustekuchen: Die nächsten Teile sind längst ausgemachte Sache, weshalb sich Dom und Co. wohl auch noch mit dem Rollator ein heißes Rennen liefern werden. Uns soll’s recht sein.
David Wnendt („Kriegerin“, „Er ist wieder da“) kann edgy. und die (authentische) Jugenderinnerung von Podcast-Star und Comedian Felix Lobrecht hat das Zeug zum Schulsondervorführungsstoff. Wie in den USA „Do The Right Thing“ oder in Frankreich „La Haine – Hass“ entführt uns „Sonne und Beton“ an die Ränder der Gesellschaft – bzw. der deutschen Hauptstadt. Hier hustlen sich Lukas, Julius und Gino durch den Hitzesommer von 2003 – irgendwo zwischen dysfunktionalem Familienstress, erster Liebe, Drogen und Gewalt. Als sie wegen einer Auseinandersetzung mit örtlichen Kleindealern dringend Geld benötigen, kommen sie auf die nicht gerade brillante Idee, die eigene Schule auszurauben. Mit Folgen auch für ihren weiteren Lebensweg. Über eine Millionen Kinobesucher für ein kleines deutsches Meisterwerk? Wunder geschehen!
Fünf Jahre ist es her, dass der “Book Club” um Jane Fonda, Diane Keaton, Mary Steenburgen und Candice Bergen die „Fifty Shades of Grey“ und damit auch die Erotik für sich neu entdeckten. Jetzt haben sie gerade eine an echten Kontakten arme pandemische Selbstisolation samt Zoom-Calls hinter sich und wollen deshalb wie viele andere die zurückgewonnene Freiheit mit einer Reise feiern. Es geht nach Italien, wo man auf den Spuren von Paulo Coelhos „Der Alchemist“ eine Art verspäteten Junggesellinnenabschied feiern will. Natürlich lässt dabei das Chaos nicht lange auf sich warten. Aber vier derartigen Ausnahmeschauspielerinnen folgt insbesondere das adressierte „Best Ager“-Publikum gerne hinterher, zumal auch Italien nicht gerade geizt mit seinen Reizen. Was diesen Buchclub zur höchst unterhaltsamen Exkursion auch für Reisemuffel werden lässt.
Ein Film über eine erfolgreiche Dirigentin in Berlin – das kann eigentlich nur ödes Bildungsfernsehen sein, oder? Es sei denn, die (fiktive) Dirigentin heißt Lydia Tár, wird von Cate Blanchett mehr verkörpert als nur gespielt und darf sich all das erlauben, was in solchen Rollenbildern sonst toxischen Männern vorbehalten bleibt. Sie ist so erfolgreich, dass sie sich ihre Gespielinnen unter ihren Schülern aussuchen kann, eine Beförderung in ihrem Orchester kann schon mal von sexuellen Gefälligkeiten abhängen. Und wenn es daraufhin kleine oder größere Tragödien gibt, läuft die Vertuschungs- und Verdrängungsmaschinerie an. So auch, als ihre ehemalige Geliebte sich das Leben nimmt und Társ Besetzungspraktiken öffentlich zu werden drohen. Für die Dirigentin beginnt ein persönlicher Albtraum, den Blanchett so fantastisch verkörpert, dass ihre Nicht-Auszeichnung mit dem Oscar fast schon an Diebstahl grenzt.